Nordfrankreich
16.06. - 01.07.2017
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2017 ging es los zur Nordfrankreich-Tour, die eigentlich bereits für 2014 geplant gewesen war. Motorradtechnisch nicht die beste Region, da es viel geradeaus geht, aber landschaftlich und kulturell sehenswert. Wir haben uns ungewöhnlich viel angesehen in diesem Urlaub und die Eindrücke waren vielfältig und unterschiedlich. Das Fahren kam aber natürlich auch nicht zu kurz und zwei Rennstrecken wollten schließlich auch besucht sein. ;-)
Am Freitag nach Fronleichnam geht es los, das Wetter ist warm und trocken. Nach einer letzten Übernachtung in Deutschland kommen wir am Samstag nach Frankreich, wo uns überraschend wenig Rollsplit, aber auch wenige Kurven erwarten. Die Strecke ist nicht so aufregend, dafür sind die Eindrücke intensiv. Wir fahren durch die Gegend um Verdun, die immer noch stark vom 1. Weltkrieg gezeichnet ist. Soldatenfriedhöfe, Bombenkrater und Gedenkstätten sind auch noch nach 100 Jahren bewegende Zeugnisse des Wahnsinns.
Weiter geht es an die Küste der Normandie. Wir nutzen kleine Nebenstrecken, auf denen uns kaum ein Mensch begegnet. Als allerdings die Straßen immer schmäler werden und das Gras zwischen den Teerflecken wächst, wird uns doch ein wenig anders und wir suchen uns ein paar größere Straßen. Das Wetter ist noch immer trocken und es ist recht warm. Nach einem ersten Zwischenstopp in Dieppe, einer netten Küstenstadt, geht es am nächsten Tag weiter nach Bayeux. Die Strecke führt teilweise nett an der Küste entlang durch schmucke normannische Dörfer, aber auch immer wieder fad geradeaus mit viel Verkehr. Das beeindruckendste Stück Straße an diesem Tag ist die Pont du Normandie in Le Havre, die längste Schrägseilbrücke Europas. Schon ziemlich cool und für Mopeds kostenlos.
Von Bayeux aus besuchen wir den D-Day Landungsstrand Omaha Beach und danach den amerikanischen Soldatenfriedhof, die Stellung Pointe du Hoc und den deutschen Soldatenfriedhof. Die schiere Masse der Kreuze und Sterne macht einem erst so richtig deutlich, was Krieg bedeutet. Schwere Kost. Die wunderschöne Altstadt von Bayeux am Abend ist dann wieder ein ganz anderer Sinneseindruck und vertreibt die leicht gedrückte Stimmung nach dem Besuch so vieler Kriegserinnerungen. "Wer an Europa zweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen! Nirgendwo eindringlicher ist zu spüren, was das europäische Gegeneinander an Schlimmstem bewirken kann. Das Nicht-Zusammenleben-Wollen und das Nicht-Zusammenleben-Können haben im 20. Jahrhundert 80 Millionen Menschen das Leben gekostet." (Jean-Claude Juncker)
Am nächsten Tag ist es sehr heiß. Wir umrunden die Halbinsel Cotentin im Nordwesten der Normandie und machen auch einen Stopp am Kap La Hague, das landschaftlich wunderschön ist. Nach dem Stopp fahren wir an der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague vorbei und das ist schon ein wenig strange - rechts die voll idyllische Küste und links die WAA. Für den heutigen Nachmittag steht dann noch die Top-Sehenswürdigkeit der Region auf dem Programm, der Mont Saint Michel. Da es schon nach 17:00 Uhr ist, als wir dort ankommen, es aber mit über 30° immer noch sehr heiß ist, haben wir wohl insofern Glück, dass nicht mehr allzu viele Besucher dort sind und wir uns Stadt und Abtei in relativer Ruhe ansehen können. Sehenswert ist der Mont allemal, auch wenn man ihn mit vielen anderen Touris teilen muss.
Die große Hitze ist am nächsten Tag zum Glück vorbei, uns erwarten Tage mit idealem Motorrad-Wetter, trocken und um die 25°. Wir verlassen die Normandie und fahren weiter in die Bretagne. Über nette Nebenstraßen geht es zunächst ins Innenland, wo wir das angebliche Grab von Merlin und den daneben liegenden Jungbrunnen besuchen. Nicht sehr spektakulär, aber wenn es wirkt, haben wir jetzt noch jede Menge Zeit für weitere Urlaube. Danach geht es zurück an die Nordküste, wo wir in Paimpol Station machen, einem netten Küstenort. Als Adresse für ein ausgezeichnetes Abendessen kann ich dort das Restaurant L'Écluse (Quai Armand Dayot, 22500 Paimpol) am Hafen empfehlen. Die berühmte rosa Granitküste im Norden der Bretagne besuchen wir am darauffolgenden Tag und wandern eine gute Stunde über den Zöllnerpfad, der an den schönsten Felsformationen vorbei führt. Ein echtes Highlight.
Weiter geht es an der Küste entlang. Das ist zwar etwas mühselig mit der Navigation, da es keine Küstenstraße im engeren Sinn gibt, sondern nur einzelne Dorfverbindungsstraßen und das erfordert viel Arbeit am Navi, aber es lohnt sich. Alle paar Meter bieten sich tolle Ausblicke auf wilde Felsformationen und weiße Sandstrände zwischen den Klippen. Unsere heutige Station ist Roscoff, ein weiterer sehr schöner Küstenort, in dem wir ein wunderbares Hotel haben, das ich gerne weiter empfehle. Das Hotel Des Artistes (14, rue des Johnnies, 29680 Roscoff) hat schöne Zimmer, sehr nette Wirtsleute, ein tolles Frühstück und eine Garage für Mopeds.
Auch am nächsten Tag fahren wir weiter an der Küste entlang. Teilweise sind die Straßen recht schlecht und wir biegen gefühlte 5.000 Mal ab, aber dafür werden wir immer wieder mit tollen Ausblicken belohnt. Wir steuern auch den westlichsten Punkt des französischen Festlands, den Point de Corsen an und genießen die Aussicht auf den Atlantik. Danach statten wir noch dem 10 m hohen Menhir / Hinkelstein von Kerloas einen Besuch ab. Nachtquartier gibt es heute in Camaret-sur-Mer auf der Halbinsel Crozon. An der Spitze dieser Halbinsel gibt es einige Aussichtspunkte und alte Stellungen, die einen Besuch lohnen.
Die Strecke am nächsten Tag zum berühmten Point de Raz macht richtig Spaß und wir finden sogar ein paar Ecken, an denen man es ein wenig fliegen lassen kann. Endlich wieder ein paar Kurven für die viereckig gefahrenen Reifen. Den Point de Raz schließlich finden wir etwas überbewertet. Da haben wir schon schönere Kaps gesehen. Dazu kommt, dass man vom Parkplatz aus (der übrigens 4,00 € / Moped kostet) noch eine ziemliche Meile laufen muss bis zum Kap. Die restliche Strecke bis Concarneau, unserem heutigen Nachtquartier, macht wieder echt Spaß. In Concarneau schlafen wir im Hotel Les Grands Voyageurs (9 Place Jean Jaurès, 29900 Concarneau), das wir auch gerne weiterempfehlen. Wir haben ein tolles Zimmer mit Blick auf den Platz und die Ville Close. Das Frühstück allerdings ist französisch dürftig, dafür mit schöner Aussicht.
Mittlerweile sind wir an der Südküste der Bretagne und hier ist das Klima milder, der Wind nicht so harsch und die Küste nicht so rauh. Das hat zur Folge, dass es hier deutlich mehr Badetourismus gibt und die Orte am Meer hauptsächlich von diesen aufgesucht werden. Wir finden aber natürlich trotzdem ein paar nette Nebenstrecken, wo wir vom großen Verkehr verschont bleiben und die sich teilweise auch sehr nett fahren lassen. Wir besuchen die Steinreihen von Carnac wo die Altvorderen schier unglaubliche Mengen von Steinen in Reihen aufgestellt haben. Von April bis September können diese allerdings nur mit einer Führung betreten werden, da die Touris vorher alles zertrampelt haben. Wir begnügen uns daher mit einem Spaziergang am Zaun entlang, wo man aber auch genügend zu sehen bekommt. Unser letztes Küstendomizil ist Piriac-sur-Mer, ein weiterer Küstenort, der zwar vom Badetourismus geprägt, aber im Ortskern noch halbwegs ursprünglich ist.
Am nächsten Tag verlassen wir die Küste durch die Salzfelder von Guérande. Für den Rückweg Richtung Deutschland ist noch ein wenig Kultur der ganz anderen Art geplant - wir wollen ein paar ausgesuchte Loire-Schlösser besuchen. Zuerst geht es über die spektakuläre Pont de Saint Nazaire über die Loire-Mündung und dann weiter ins Innenland. Das Wetter ist heute bewölkt und recht warm und schwül, daher besuchen wir unsere ersten beiden Schlösser, Brissac und Saumur, nur von außen und sparen uns die Innenbesichtigung. Übernachtet wird in Saumur im wirklich empfehlenswerten Hotel Le Londres (48, rue d'Orléans, 49400 Saumur) in der Altstadt, die ebenfalls sehenswert und einen Besuch wert ist.
Weiter geht die Schlösser-Tour mit Brézé, Rigny-Ussé, Azay le Rideau und Langenais. Auch an diesem Tag ist es wieder warm und schwül, außerdem sind die Eintritte in die Schlösser mit um die 10,00 € pro Person und Schloss auch nicht ganz günstig. Und so begnügen wir uns wieder mit den Außenansichten, die aber auch schon nett sind. Natürlich können wir uns nicht in dieser Ecke Frankreichs aufhalten ohne in Le Mans vorbeizuschauen und so unterbrechen wir die Schlösser-Tour kurz und flitzen über die Schnellstraße nach Le Mans zur Rennstreckenbesichtigung. Leider erwischt uns auf dem Rückweg ein kräftiger Platzregen, aber das war's wert. ;-) Übernachtet wird heute in Chenonceaux, wo wir das zugehörige Schloss, das eines der berühmtesten an der Loire ist, besichtigen. Die 13,00 € Eintritt pro Person sind dort durchaus gut angelegt, da nicht nur das Schloss, sondern auch der zugehörige Park wirklich sehenswert sind.
Der letzte Teil der Schlösser-Tour führt uns am nächsten Tag noch nach Cheverny, das tatsächlich noch von den Besitzern bewohnt wird. Diese halten dort auch eine große Meute von fast 100 Jagdhunden. Leider sind auch in diesem Teil Frankreichs Kurven eher Mangelware und so geht der Weg etwas langweilig weiter nach Chambord. Und das nenne ich mal ein Schloss, aber hallo! Leider fängt es an zu regnen, als wir dort sind, der Besuch lohnt trotzdem. Als letztes Schloss steuern wir schließlich Sully an, dann reicht es Chateau-mäßig aber auch wieder. Übernachtet wird heute in Auxerre, das für eine Stadt dieser Größe eine beeindruckende Zahl von großen Kirchen aufweist.
Leider haben wir am nächsten Tag zumindest am Vormittag sehr starken Regen, die Strecke würde nämlich endlich mal wieder ein wenig spannender werden. Vorbei an Alesia (Asterix-Leser können damit was anfangen) und einem Besuch bei der Statue des Vercingetorix geht es weiter zur nächsten Rennstrecke, Dijon-Prenois. Dort hört es zum Glück auf zu regnen, aber leider dürfen wir nicht ins Fahrerlager, da dort gerade eine Veranstaltung aufgebaut wird. Also begnügen wir uns mit einem Blick von außen auf Start-Ziel und fahren gleich weiter zum heutigen Ziel in Besançon mit seiner schönen und sehenswerten Altstadt.
Über eine recht schicke Strecke geht es am nächsten Tag zurück nach Deutschland. Das merkt man auch gleich. Zwar ist der Straßenzustand allgemein etwas besser, dafür ist aber auch deutlich mehr Verkehr und alle 3 Meter kommt man in eine Ortschaft. Die Route durch den Schwarzwald über den Schauinsland können wir heute am Freitag noch fahren, am Wochenende ist sie für Motorräder gesperrt. Das letzte Stück bis zum heutigen Ziel in Tübingen ist allerdings exterm nervig mit viel Verkehr und Stau. Tübingen hat einen sehr hohen Studentenanteil, was sich im Stadtbild bemerkbar macht. Es ist aber ein echt nette Stadt und wir genießen unseren letzten Abend. Am nächsten Tag geht es leider schon wieder zurück nach Hause, wo wir rechtzeitig zum MotoGP Qualifying am Sachsenring ankommen.
Unser Fazit: zum Motorrad fahren nicht die beste Gegend, da es viel geradeaus geht. Will man an interessante Ecken und Straßen ist viel mühsame Navigation nötig, das lohnt sich aber zumeist.
Positiv überrascht waren wir davon, dass die Franzosen endlich etwas Frühstücks-Kultur anzunehmen scheinen. Wir haben fast immer mehr als das übliche Croissant mit einem Stück Butter bekommen. Lag aber vielleicht auch daran, dass wir in Gegenden unterwegs waren, in die viele Touristen kommen.
Die Unterkünfte lagen zumeist im 2- bis 3-Sterne-Bereich und haben zwischen 70,00 € bis 120,00 € pro Nacht gekostet. Das Frühstück geht immer extra und lag im Schnitt bei um die 10,00 € pro Person. Was die Franzosen bewegt, ihr Betten als grand lit, also großes Bett, zu bezeichnen, erschließt sich mir nicht ganz. Groß ist anders. Wir haben daher versucht, nach Möglichkeit deux lits zu buchen, also 2 getrennte Betten. Das war aber meist nicht möglich und wenn, dann etwas teurer.
Essen ist in Frankreich natürlich gut, aber auch teuer. So haben wir uns nicht immer das leckere Menü gegönnt, sondern uns auch häufiger mit einer Pizza oder einem Döner begnügt. Für ein Menü muss man mit 25,00 € aufwärts rechnen (pro Person ohne Getränke), eine vernünftige Pizza gibt es ab 12,00 € und einen anständigen Döner mit Beilagen für um die 8,00 €. Ich möchte aber anmerken, dass sowohl Pizza als auch Döner immer gut waren! ;-)
Tanken ist in Frankreich auch so ein Thema. Empfehlenswert ist, die Automaten-Tankstellen an den Supermärkten zu nutzen, da der Sprit dort deutlich günstiger ist. Wir haben Preisunterschiede von bis zu 20 Cent pro Liter zwischen Automaten-Tanke und Tankstelle mit Service erlebt.
Insgesamt waren wir 16 Tage unterwegs und sind 4.765 km gefahren.